Die Rechtsprechung zu Abmahnungen ist in Bewegung geraten. Dies ist insofern erstaunlich, als bis vor kurzem die Gerichte die Massenabmahnung nicht nur hingenommen, sondern sogar gefördert haben. Beispielhaft für die frühere Tendenz der Rechtsprechung etwa die Entscheidung des LG Köln vom 27.1.2010 (Az. 28 O 241/09), in welcher es heißt:
„Die Rechtsverfolgung durch die Beklagten ist auch nicht rechtsmissbräuchlich gem. § 242 BGB. Die illegale öffentliche Zugänglichmachung urheberrechtlich geschützter Musikwerke hat in den letzten Jahren ein enormes Ausmaß angenommen, Das Unrechtsbewusstsein der Mehrzahl der Rechtsverletzer ist dabei erschreckend wenig ausgebildet. Durch das öffentliche Zugänglich-machen von Musiktiteln im Internet über Filesharing-Systeme wird die Musikindustrie jedes Jahr in einem ganz erheblichen Umfang geschädigt, was durch verstärkte Berichterstattung in den Medien auch seit einigen Jahren eindringlich in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gebracht wird.“
Folgerichtig wurde in den letzten Jahren das Landgericht Köln besonders gern und häufig von den Abmahnanwälten angerufen. Das OLG Köln hat zwar einige der Entscheidungen korrigiert, behielt aber im großen und ganzen die Linie des Landgerichts bei (Zu den Änderungen weiter unten).
Besonders deutlich wird eine gegenläufige Tendenz der Rechtsprechung bei Durchsicht eines Beschlusses des Oberlandesgerichtes Düsseldorf vom 14.11.2011, den wir nachstehend ungekürzt wiedergeben. Zur Entscheidung stand die Gewährung von Prozesskostenhilfe in einem Abmahnfall. Die mittellose Antragstellerin hatte angeblich über 300 Musiktitel über Filesharing verbreitet, weswegen eine bekannte Abmahnkanzlei auf den Plan trat. Diese verlangte, wie üblich, neben der Unterlassungsverpflichtungserklärung ihre Anwaltskosten und Schadensersatz.
Mit deutlichen Worten erklärte der Senat die Abmahnung der Kanzlei Rasch als „völlig unbrauchbare anwaltliche Dienstleistung“. Die Gründe hierfür waren:
- Da der Abmahner die rechtswidrige Handlung nicht konkret beschrieben habe, erfülle die Abmahnung die Mindestanforderungen nicht: Denn nicht jedes Angebot einer Audiodatei erfüllt den Tatbestand einer Urheberrechtsverletzung.
- Da der Abgemahnte keinen Einblick in den Geschäftsbetrieb des Abmahners, des Onlineermittlers und des Providers habe, dürfe er die Aktivlegitimation des Abmahners, das Anbieten über die angebliche IP-Adresse und die Zuordnung dieser mit Nichtwissen bestreiten.
- Soweit eine Liste von Musiktiteln beanstandet wird, müsse die Unterlassungsverpflichtungserklärung sich genau darauf beziehen; nicht verlangt werden könne, dass der Abgemahnte sich verpflichte, das gesamte Repertoire des Abmahners nicht mehr zu verbreiten. (Insoweit in Übereinstimmung mit OLG Köln)
- Zweifelhaft sei, ob Abmahnkosten als in der Vergangenheit liegender Schaden verlangt werden könnten: Denn die Abmahnung diene der Verhinderung künftigen Schadensersatzes.
- Jedenfalls könnten Abmahnkosten nicht verlangt werden, wenn die anwaltliche Dienstleistung, wie hier vom Senat gerügt, wertlos sei.
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