Wildplakatieren

Städte und Hauseigentümer haben mit einer Flut von Plakaten zu kämpfen, die auf öffentlichen Straßen und Plätzen oder an Häusern angebracht werden und mit denen illegal Werbung betrieben wird: sogenannte Wildplakatierung, aber auch Guerilla Marketing. Ähnlich einem Graffiti, welches zB auf ein Haus gesprüht wurde, handelt es sich manchmal nur um eine Lappalie, ein anderes Mal stellt dies eine Sachbeschädigung dar, und die Beseitigung kann teuer werden. Die Verfolgung des Klebers verspricht hierbei wenig Erfolg. Man wird ihn in der Regel nicht auf frischer Tat erwischen, oft hat er auch kein Geld, um Schadensersatz oder die Kosten der Rechtsverfolgung zu erstatten.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie man sich im Einzelfall gegen solche Wildplakatierungen wehrt. Dabei ist zu bedenken, dass Wildplakate meist für eine in der Regel gewerbliche Veranstaltung werben: Sie dienen häufig selbst gewerblichen Zwecken und stellen eine preiswerte, weil illegale Nutzung von öffentlichem Strraßenraum oder Hauswänden dar. Es wird meist ein Ort, eine Zeit und oft auch eine Homepage genannt für die geworben wird. Dagegen sind Graffiti meist neutral und werben nicht.

Fordert man nun den Veranstalter bzw. den Inhaber des Veranstaltungsortes auf, bitte keine Plakate mehr auf dem eigenen Eigentum anzubringen, wird keine Antwort erfolgen. Wahrscheinlich wandert der Brief direkt in den Papierkorb. Ein Anwaltsschreiben nebst Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung sowie einer Kostenrechnung wird dagegen meist ernster genommen. Insbesondere die Kostenrechnung bewirkt wahre Wunder, da diese möglicherweise höher ausfällt, als wenn man Plakatflächen regulär gebucht hätte. Zahlen will die Rechnung meist niemand und die Unterlassungserklärung will man auch nicht unbedingt abgeben, da man ja weiter vorhat, günstig zu plakatieren. Der Angesprochene wird in der Regel eine der üblichen Ausreden anführen. So wird behauptet, man sei nicht Veranstalter, sondern habe sein Lokal einer anderen Person vermietet, ein böser Konkurrent habe die Plakate umgehangen, um ihm zu schaden, man habe eine Agentur beauftragt, die nur legal kleben sollte, usw..

Vor Gericht haben wir alle diese Einwendungen bereits gehört, und es wurde über deren Berechtigung entschieden. In rechtlicher Hinsicht steht dem Eigentümer/Besitzer/sonst Berechtigten ein Unterlassungsanspruch aus Wettbewerbs- oder Deliktsrecht zu. Ob Wettbewerbsrecht einschlägig ist, hängt neben anderen Faktoren (zB Wettbewerbsverhältnis) vom zuständigen Gericht ab. Köln lehnt heutzutage Wettbewerbsrecht meist ab, Oldenburg sieht das ganz anders. Dies ändert jedoch nichts an dem grundsätzlichen Anspruch auf Unterlassung.

Da man den Täter fast nie auf frischer Tat ertappen wird und diesen aus oben erwähnten Gründen auch nicht in Anspruch nehmen will, denken zahlreiche Veranstalter, zur Verteidigung würde es ausreichen, auf den fehlenden Beweis für die Täterschaft zu verweisen. Dies verfängt jedoch nicht, da in Wildplakatierungsfällen der Beweis des ersten Anscheins gilt. Danach ist derjenige mittelbarer Handlungsstörer, der Plakate in den Verkehr bringt. Dieser hat dafür zu sorgen, dass das Eigentum und der Besitz Dritter nicht durch Plakate beeinträchtigt wird. Handelt es sich also um Plakate, die für die eigene Veranstaltung werben, dann muss man sich auch zurechnen lassen, dass diese auf fremden Flächen hängen. Man trägt selber die Beweislast dafür, dass man im Einzelfall nicht verantwortlich ist (Kommentar zu: LG Köln, Urteil vom 28.08.2008, Az. 22 O 190/08; LG Köln, Urteil vom 20.07.2010, Az. 16 O 691/09 (PDF)).

Es ist aber auch unter bestimmten Umständen möglich, den Inhaber der Räumlichkeiten auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen, der nicht selbst (offiziell) Veranstalter ist. Teilweise wird sich hier bewusst eines Strohmanns bedient, um sich so der Haftung zu entziehen. Diese Person ist dann meist auch wieder vermögenslos. Dieses Geschäftsmodell wurde jahrelang von einem bekannten Veranstalter erfolgreich durchgeführt bis es uns in 2008 gelang, eine Durchgriffshaftung auf den Inhaber der Räumlichkeiten zu erstreiten (Lokalinhaber haftet als Störer für vom Veranstalter illegal geklebte Party-Plakate – Kommentar zum Urteil vom 06.06.2008, LG Bonn, Az. 1 0 178/07).

Heute gilt daher grds., dass derjenige, dem die Werbung mittel- oder unmittelbar zu Gute kommt in der Regel der erste Adressat des Unterlassungsanspruchs ist. Er trägt die Beweislast für das Gegenteil.

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Über den Autor

Stefan Dzierzenga ist seit 2003 selbstständiger Rechtsanwalt. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Bereich des Marken-, Wettbewerbs- und Urheberrechts; weitere Schwerpunkte im Versicherungs- und Verkehrsrecht.